Der Altweibersommer bescherte mir am 22. September 2013 bei der Begehung der Kissinger Bahngruben eine sonnige und warme Witterung. Die kugeligen, roten Früchte des Weißdorns (Crategus sp.) leuchteten mir bereits von weitem entgegen. Zu den markanten Spätblühern des initialen Magerrasenbiotops (siehe Kunze & Kruse 2013) zählte vor allem der Deutsche Fransenenzian (Gentianella germanica), dessen violetten Blütensterne auf der gesamten Fläche zerstreut zu finden waren. Vom blau blühenden Kreuz-Enzian (Gentiana cruciata) waren dagegen nur noch die gelbgrün abwelkenden Pflanzen mit ihren Samenständen und den namensgebenden kreuzgegenständig angeordneten Blättern zu sehen. Dazu gesellten sich ein paar vereinzelte Nachzügler der Knäuel-Glockenblume (Campanula glomerata), deren Blüten sich vor allem am oberen Stängelende als Büschel konzentrieren. Bemerkenswert finde ich nach wie vor die buschartige Insel aus Gewöhnlicher Waldrebe (Climatis vitalba) inmitten der Schotterfläche. Die zu den Lianen zählende, teils verholzende Kletterpflanze entfaltete an einigen Stellen sogar frische Blüten.
Saftling und Risspilz
Das Pilzvorkommen war überschaubar, insbesondere Rötlinge ließen auf sich warten. Vermutlich waren die regnerischen Tage zuvor zu kühl. Dafür fruktifizierte an mehreren Stellen der Safrangelbe Saftling (Hygrocybe acutoconica) – in den Kalkschotterheiden um Augsburg und München wohl der häufigste Gattungsvertreter. An zwei Stellen stieß ich noch auf einige Exemplare des Schwärzenden Saftlings (H. conica agg.) Letzterer besitzt wie H. acutoconica einen kegeligen Hut, kann farblich durchaus ähnlich aussehen, schwärzt aber rasch an Druckstellen. Im Alter verfärben sich sogar die gesamten Fruchtkörper schwarz. Am Rand des Trampelpfads nahe der nördlichen Bahngrube wurde es nochmals spannend: Neben Silberdisteln (Carlina acaulis) lugten die rostbraune Hüte eines bislang unbestimmten Risspilzes durchs Grün. An potenziellen Symbiosepartnern standen Birken (Betula pendula), Weiden (Salix sp.) und Gelbe Sonnenröschen (Helianthemum nummularium) im Umkreis. Mein Verdacht geht in Richtung Olivgelber Risspilz (Inocybe cf. dulcamara).
Unscheinbare Simsenlilie
Auf dem Rückweg fiel mir noch ein blühendes „Grasbüschel” ins Auge, das im Forum von pflanzenbestimmung.de durch den österreichischen Pflanzenfreund Christian Keusch als Gewöhnliche oder Kelch-Simsenlilie (Tofieldia calyculata) identifiziert werden konnte. Trotz des an Simsen erinnernden Aussehens – eine Gattung der Sauergrasgewächse – ist die Art nicht näher mit ihnen verwandt, sondern zählt zur kleinen Familie der Simsenliliengewächse (Tofieldiaceae) innerhalb der Ordnung der Froschlöffelartigen (Alismatales).
Haarige Raupe mit Kupferglanz
An Insekten spürte ich noch die schwarz-rotbraune, lang behaarte Raupe des Brombeerspinners (Macrothylacia rubi) auf, die sich an den letzten Blättern labte. Die Raupen leben als Einzelgänger und überwintern unter Steinen und anderen geschützten Stellen, ehe sie sich im nächsten Frühjahr verpuppen und ab Mitte Mai als Falter schlüpfen. Auf dem braunen Überrest eines Korbblüters ruhte das Männchen eines Bläulings, dasr einen mitgenommenen Eindruck machte und dort vermutlich die letzten Sonnenstrahlen seines Lebens genoss. Ansonsten waren noch diverse Grashüpfer unterwegs, darunter ein unbestimmtes braunes Exemplar, das beim näheren Hinsehen von kleinen, roten Milben befallen war.
In der Dämmerung zogen ein paar Gänse in V-Formation auf der Suche nach einem Schlafplatz am Weitmannsee über den Himmel. Sie schienen sich uneins, wo sie die Nacht verbringen sollten, da sie mehrmals über die nahe liegenden Lechauen und die Kissinger Bahngruben kreisten und dabei lautstark miteinander kommunizierten. Zufrieden ob der gesammelten Eindrücke trabte ich schließlich in der hereinbrechenden Nacht zur Haltestelle Kissing und fuhr mit dem Zug nach Hause.