Funddaten
Kollektion: 1 Fruchtkörper (Fotos nicht vom Fundort) Bestimmung: Hemileccinum depilatum (Redeuilh 1986 ['1985']) Šutara 2008 Funddatum: 17.6.2016 (Wiederfund aus dem Vorjahr, damalige Finderin: G. Feistle) Fundort: D − BY − RBz Schwaben − Lkr. Donau-Ries − Donauwörth, Sallinger Straße, Parkplatz nordwestlich des Friedhofs und östlich des Tennisheims Messtischblatt: 7230/4.3.1 Höhe über NN: 410 m Ökologie: Grünstreifen mit Hecke und einzelnen Bäumen aus Hainbuche (Carpinus betulus) zwischen dem Bürgersteig und den Stellplätzen
Merkmale
Hut: 6,5 cm breit, 3 cm hoch, polsterförmig, Oberfläche gedellt-grubig, wie mit der spitzen Seite eines Hammers bearbeitet, Huthaut matt, weder schmierig noch schleimig oder klebrig, am Rand leicht überstehend, braun auf ockerfarbenem Grund gefleckt, an Schneckenfraßstellen teils rötlich überlaufen
Röhren: ausgebuchtet angeheftet, bauchig, bis zu 9 mm lang, intensiv gelb, auf Druck und im Anschnitt unverändert/nicht blauend
Poren/Röhrenmündungen: klein, 3−4 pro mm, rundlich bis schwach eckig, wie die Röhren intensiv gelb gefärbt
Sporenpulverfarbe: kein Abdruck angefertigt; laut Literatur oliv-braun (Ladurner & Simonini 2003)
Stiel: 8 cm lang, oben 1,5 cm und unten 4 cm breit, invers und asymetrisch keulig, unteres Stielende mit schwach wurzelndem Fortsatz, aufgerissen (Trockenschaden), schmutzig gelblich bis blass ockerlich, in der Basis weißlich, obere Stielhälfte teils rosa-rötlich überlaufen und vor allem nahe des Hutansatzes mit feinen, gleichfarbigen Schüppchen besetzt
Fleisch: im Hut fest, bis zu 13 mm dick, blass gelblich, im Anschnitt unverändert, unterhalb von Fraßstellen rötlich; im Stiel etwas weicher als im Hut, an der Basis hingegen hart, voll, weißlich bis blass gelblich, vor allem am oberen Stielende nahe der Stielrinde gelb längs gestreift bis marmoriert, im Anschnitt unverändert bis allenfalls schwach bläulich angehaucht; Hut- nahtlos ins Stielfleisch übergehend
Geruch: säuerlich und insbesondere an der Stielbasis unangenehm nach Jodoform bzw. „Medizinschrank“
Bestimmung
Sehr ähnlich sieht der Fahle Röhrling (Hemileccinum impolitum) aus. Er hat jedoch eine etwas filzigere und weitgehend ebene Hutoberfläche ohne Dellen. Außerdem ist er blasser und ± gleichmäßig gefärbt. Die Merkmale sind jedoch sehr variabel. Am sichersten lassen sich die beiden Arten mikroskopisch anhand der Hutdeckschicht differenzieren: Während H. depilatum vor allem in der Hutmitte kurzelliptische Elemente aufweist, ist die Hutdeckschicht bei H. impolitum fädig-hyphig strukturiert.
Ansonsten kann die Art noch mit einigen der gelb pigmentierten Raustielröhrlingen aus der Gattung Leccinellum verwechselt werden wie z. B. der Gelbporige Raufuß (L. crocipodium) und der Hainbuchen-Raufuß (L. griseum). Deren Fleisch verfärbt sich jedoch im Anschnitt bei Kontakt mit Luftsauerstoff auffallend rasch rötlich, violettlich oder lilafarben und schließlich grau bis schwärzlich.
Andere Röhrlinge mit der Statur eines Steinpilzes und einem vergleichbaren Farbspektrum haben einen genetzten Stiel und/oder blauen im Anschnitt.
Ökologie und Verbreitung
Andreas Gminder (Krieglsteiner 2000) berichtet, dass die Fundstellen in Baden-Württemberg in ausgesprochen wärmebegünstigten Gebieten liegen. Er vermutet, dass die Art lehmige und neutrale bis basische Böden bevorzugt. In drei Fällen konnte eine Mykorrhizabindung mit Hainbuche bestätigt werden, bei fünf weiteren Nachweisen ist lediglich bekannt, dass sie bei Laubbäumen wuchsen. Ladurner & Simonini (2003) geben neben Hainbuche die Europäische Hopfenbuche (Ostrya carpinifolia) als hauptsächlichen Symbiosepartner an und berichten darüber hinaus von Funden unter Eichen (Quercus sp.), immer auf kalkhaltigem Boden. In Pilzkartierung 2000 Online (Schilling & Dobbitsch 2004-2006) existieren zudem Meldungen von Funden bei Linden (Tilia sp.). Laut Ladurner & Simonini ist der Gefleckthütige Röhrling in Mittel- und Nordeuropa in den mittleren Höhenlagen weit verbreitet, scheint aber im Vergleich zum Fahlen Röhrling häufiger in mediterranen Gebieten und/oder in tieferen Lagen vorzukommen.
Verwandtschaft und Namen
Hemileccinum ist eine Gattung aus der Familie der Steinpilzverwandten (Boletaceae) und wird darin der Filzröhrlingsverwandtschaft/Unterfamilie Xerocomoidae zugerechnet. Sie wurde im Jahr 2008 durch den tschechischen Mykologen Josef Šutara basierend auf morphologischen Merkmalen aufgestellt und umfasste zunächst zwei Arten, die zuvor zur Gattung der Steinpilze (Boletus) zählten: den Fahlen Röhrling (H. impolitum) − die Typusart − und den hier vorgestellten Gefleckhütigen Röhrling (H. depilatum). Aufgrund des markanten Jodgeruchs empfehle ich den von Peter Specht vorgeschlagenen, aussagekräftigen deutschen Namen „Jodoformröhrlinge“.
Im Jahr 2014 bestätigten Wu und Kollegen die Abgrenzung der Hemileccinum-Arten von anderen Röhrlingsgattungen und stellten zudem fest, dass die Gattung am nächsten mit Corneroboletus verwandt ist. Letztgenannte Gattung beinhaltet mit C. indecorus lediglich eine einzige in Südostasien verbreitete Art. Ein Jahr später wurde die nordamerikanische Art Hemileccinum subglabripes aufgrund eines DNA-Beweises von den Steinpilzen zu den Jodoformröhrlingen transferiert (Halling et al. 2015).
Literatur und Weblinks
- Assyov B (2010) Boletus impolitus Fr. Abgerufen am 17.6.2016.
- Gminder A (2000) Boletales. In: Krieglsteiner GJ et al. (2000) Die Großpilze Baden-Württembergs, Bd. 2. Ständerpilze: Leisten-, Keulen-, Korallen- und Stoppelpilze, Bauchpilze, Röhrlings- und Täublingsartige. Eugen Ulmer, Stuttgart: 228−229.
- Gröger F (2006) Bestimmungsschlüssel für Blätterpilze und Röhrlinge in Europa, Teil I. Regensb. Mykol. Schr. 13: 93.
- Halling RE et al. (2015) Evolutionary relationships of Heimioporus and Boletellus (Boletales), with an emphasis on Australian taxa including new species and new combinations in Aureoboletus, Hemileccinum and Xerocomus. Aust. Syst. Bot. 28(1): 1–22.
- Knudsen H, Taylor A (2012) Xerocomus Quél. incl. Phylloporus Quél. and Pseudoboletus Šutara and Xerocomellus Šutara. In: Knudsen H, Vesterholt J (2012) Funga Nordica, 2nd ed. Agaricoid, boletoid, clavarioid, cyphelloid and gastroid genera. Nordsvamp, Kopenhagen (DK): 229.
- Ladurner, H. & G. Simonini (2003): Xerocomus s.l. Candusso, Alassio SV (IT): 92−97.
- Rödig T (2012) Die europäischen Arten der Gattungen Xerocomus s. str. und Xerocomellus nach dem Gattungskonzept von SUTARA 2008 sowie Abgrenzung zu verwandten europäischen Gattungen und Arten.
- Schilling A, Dobbitsch P (2004−2006): Boletus depilatus Redeuilh 1985. Pilzkartierung 2000 Online.
- Šutara J (2008) Xerocomus s.l. in the light of the present state of knowledge. Czech Mycol. 60(1): 29–62.
- Wu G et al. (2014) Molecular phylogenetic analyses redefine seven major clades and reveal 22 new generic clades in the fungal family Boletaceae. Fun. Div. 69(1): 93-115.
- Zeng N-K et al. (2012) Corneroboletus, a new genus to accommodate the southeastern Asian Boletus indecorus. Mycologia 104(6): 1420–1432.